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Impuls zum 16. März 2025

Zum 2. Fastensonntag

Von Veronika Hüning (Höhbeck im Wendland), pax christi Diözesanverband Hildesheim

Wo ist deine Heimat?

Lied: „Der Sehnsucht Heimatrecht verschaffen“
in: gemeinsam unterwegs. Lieder und Texte zur Ökumene (2003)

„Der Sehnsucht Heimatrecht verschaffen,
den Hunger stillen, der noch quält. […]
Der Hoffnung auf die Beine helfen,
das Stehen üben, aufrecht geh’n.
Den Ölzweig endlich wurzeln lassen,
die Heimat finden, die uns blüht.
Und im Dunkeln loben, dem Sehen entgegen leben.“

Heimat
„Heimat“ – dieser Begriff hat mich in den letzten Jahren intensiv beschäftigt. Ich habe Bücher gelesen: „Was ist Heimat?“ von Jens Korfkamp und Ulrich Steuten, „Haymatland“ von Dunja Hayali und in Auszügen „Am Anfang war Heimat“ von Eberhard Rathgeb. „Eure Heimat ist unser Albtraum“ von Hengameh Jaghoobifarahi fehlt noch. Anlass für meine Auseinandersetzung mit dem Thema waren Diskussionen in dem Museumsverein, in dessen Vorstand ich mitwirke. Das Museum wurde in der Zeit des Nationalsozialismus gegründet; der erste Leiter war ein glühender Verehrer Hitlers und seiner Blut-und-Boden-Ideologie. Von ihm hat der Trägerverein des Museums seinen Namen bekommen, den er bis heute trägt: „Ring der Heimatfreunde“. Nun gibt es Streit unter den Mitgliedern, ob der Verein nicht besser umbenannt werden sollte. „Heimatfreunde“ – das klinge allzu verstaubt und rückwärtsgewandt, geradezu völkisch, sagen die einen. Der Begriff „Heimat“ ist für sie seit der NS-Zeit „verbrannt“. Zudem werde er wieder von rechten Parteien und Gruppierungen vereinnahmt und missbraucht. Die anderen halten dagegen. Heimatliebe sei doch etwas Schönes. „Wir lassen uns von den neuen Nazis das Wort Heimat nicht wegnehmen oder kaputtmachen“, sagen sie und verstehen sich gerne als Heimatfreunde. „Der Name muss bleiben!“ Was löst der Begriff „Heimat“ bei euch aus?

Lesung: Phil 3,17 – 4,1
Paulus geht es in diesem Teil seines Briefes an die Gemeinde in Philippi um die Gemeinschaft mit Christus. Er ermahnt sie, an dem Vorbild der Apostel festzuhalten und nicht so zu leben wie diejenigen, die er „Feinde des Kreuzes Christi“ nennt. Paulus beklagt, dass deren Gott „der Bauch“ sei und sie „Irdisches“ im Sinn hätten. Ich verstehe darunter das Streben nach weltlichem Besitz, nach Ruhm und Macht, nach flüchtigem Genuss. Dem hält Paulus entgegen: „Unsere Heimat aber ist im Himmel.“
Damit verweist Paulus auf die Zukunft, auf den erwarteten Retter und das Reich Gottes, auf die Verwandlung des Irdischen in das Ewige.

„Unsere Heimat ist im Himmel.“
Das erinnert mich an eine Aussage von Jesus: „Sammelt euch nicht Schätze hier auf der Erde, wo Motte und Wurm sie zerstören und wo Diebe einbrechen und sie stehlen, sondern sammelt euch Schätze im Himmel…“ (Mt 6, 19f)

Wenn „Heimat“ mehr ist als mein zufälliger Geburtsort, wenn sie bedeutet, an einem guten Ort angekommen zu sein, Sicherheit und Geborgensein zu erleben, dann ist der Himmel wirklich unsere Heimat, die endgültige.
Unser Leben ist Unterwegssein. Es bedeutet, gemeinsam auf das zuzugehen, was uns verheißen ist: ein Leben in Fülle, Gerechtigkeit, Frieden und Freude.

Schon jetzt
Das Vertrauen auf diese Verheißung hat Auswirkungen auf unsere Gegenwart, verändert unser Erleben. „Unsere Heimat IST im Himmel“, heißt es bei Paulus. Präsens! Das klingt nach einem Jetzt. Jetzt schon können wir aus dem Glauben Kraft schöpfen, auch wenn wir krank oder bedrückt sind. Jetzt schon können wir Halt und Trost finden, auch wenn unsere Welt voller Leid und Gewalt ist. Wenn unsere Heimat im Himmel ist, können wir freudig unterwegs sein und Licht vor unseren Füßen sehen.  

Psalm 27
Der Psalm besingt die Gemeinschaft mit Gott. „Heimat“ klingt auch hier an: Geborgenheit und Schutz (Vers 5), aufgenommen sein (Vers 10).

Hütten bauen
Das Evangelium des heutigen Sonntags handelt von der sog. Verklärung Jesu (Lk 9, 28-36). Vielleicht ist sie eine Art Vorausschau auf den auferstandenen Christus. Mir ist hier und heute der Satz wichtig: „Meister, es ist gut, dass wir hier sind. Wir wollen drei Hütten bauen…“ Hütten bauen – das bedeutet: an einem guten Ort ankommen, bleiben wollen, geschützt und in Gemeinschaft. „Es ist gut, dass wir hier sind“, das kann jemand sagen, der eine Heimat gefunden hat. Geflüchtete, die in einem fremden Land ankommen, suchen auch nach einem Ort für ihre neue „Hütte“, für ein sicheres Zuhause.

Die drei Jünger hatten eine Vision vom Himmel, von der Offenbarung Jesu als Sohn Gottes, von der Bekräftigung der Verheißungen der Propheten Mose und Elija. Aber über die Vision legte sich eine dunkle Wolke, ein Schatten. Aus dem Hüttenbau wurde nichts. Denn die Vision ist noch nicht die Erfüllung der Verheißungen. Der Berg der Verklärung ist noch nicht der Himmel. Noch keine bleibende Heimstatt. Aber auch in dieser Geschichte wird erlebt: Die Zukunft scheint schon hinein in die Gegenwart. Die Jünger werden anders den Berg hinuntergehen, als sie auf ihn hinaufgestiegen sind. In unsere Gegenwart scheint die Zukunft hinein, wann immer wir lebendige Gemeinschaft erfahren, Versöhnung, tiefe Freude. Und wenn wir Geflüchtete aufnehmen, Heimatlosen helfen. Wann immer wir und sie sagen können: „Es ist gut, dass wir hier sind.“
 
Gebet
Gerechter und gütiger Gott! Wir bitten dich für die Menschen, die ihre Heimat verlassen mussten. Für alle, die eine Zuflucht suchen. Die sich unwillkommen fühlen, dort, wo sie gestrandet sind. Wir wissen dich an ihrer Seite und hoffen, dass sie deine Nähe spüren. Sende ihnen Mitmenschen, die sie ermutigen und unterstützen!

Wir bitten dich für die Menschen, die nach Ansehen und Einfluss streben, die gefangen sind in den Verlockungen des Konsums und der Anhäufung von Gütern. Wir wissen, dass du sie siehst und nicht fallen lässt. Öffne ihnen die Augen für das, was wirklich satt und glücklich macht!

Wir bitten dich für die Menschen, die auf der Suche sind nach der Gemeinschaft mit dir. Für alle, die auf deine Verheißungen vertrauen. Die mit uns auf dem Weg sind zu deinem Reich. Stärke sie und uns und lass uns schon heute etwas von der Heimat im Himmel erfahren: deine Nähe, deine Güte und Liebe.
 
Wir danken dir, dass du uns führst und leitest wie ein guter Hirte. Dass du uns birgst im Schatten deiner Flügel. Dass du das Tor öffnest zu unserer endgültigen Heimat, wo alle Menschen ankommen und geborgen sein werden.

Wir sehnen uns nach Frieden und einer Freude, die bleibt. Du bist es, der dieser Sehnsucht Heimatrecht verschafft. Amen.  

Heimat ist inklusiv
Wie wird es weitergehen mit unserem Heimatmuseum? – Wir planen eine Ausstellung, die in Zitaten und Bildern zeigen soll, dass „Heimat“ vielfältig verstanden werden kann. Sie ist nicht exklusiv, also z.B. Migrant*innen ausschließend. Kein „Deutschland den Deutschen!“ Auch einen Erzählsalon wird es geben. Vier ganz unterschiedliche Personen, Deutsche und Nicht-Deutsche, werden erzählen, wo für sie ihre Heimat war und ist und was „Heimat“ für sie bedeutet. Vielleicht schafft das Verständnis und baut Brücken.

Lied: „Herr, dir ist nichts verborgen“; GL 428 oder: „Herr, deine Güt ist unbegrenzt“; GL 427